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Barney Kessel
Geb. 17.10.1923 Muskogee, Oklahoma |
Wie Chuck Wayne und Jimmy Raney hat Barney
Kessel die Neuerungen Charlie Christians aufgegriffen,
ergänzt und zu einem eigenen Stil weiterentwickelt, indem er vor allem "das
akkordische Spiel in Christians Stilistik einbrachte" (Attila Zoller). Auch von
Charlie Parker und Lester Young beeinflusst, empfahl sich Kessel mit seinen intensiven,
rhythmisch prägnant akzentuierten und auch in schnellsten Tempi beherrscht artikulierten
Linien, einer ausgeweiteten Harmonik und originellem Begleitstil als wichtigster
Bebop-Gitarrist der Westküste und Inbegriff des vollendeten Jazzgitarristen, dem Technik
als Selbstverständlichkeit gilt. "Er spielt immer so, als handle es sich um das
letzte Konzert, das noch auf der Erde stattfindet", bewundert George Benson die
Expressivität seines Kollegen, der 1944 als einziger weisser Musiker im Jazzfilm
"Jammin' the Blues" mitgewirkt und später seine wichtigsten Einflussgrössen so
benannt hat: "Ich habe intensiv Charlie Christian zuhört, ebenso Lester Young,
Charlie Parker, dem frühen Nat King Cole. Vom harmonischen Gesichtspunkt aus liebe ich
ebenso die Musik von Maurice Ravel und Claude Debussy." Barney Kessel erlernte sein
Instrument vom zwölften Lebensjahr an autodidaktisch, arbeitete bereits mit 14 als Profi
und spielte später u. a. für Ben Pollack (1943), Charlie Barnet (1945), Hal Mclntyre,
Artie Shaw und bei Plattenaufnahmen ausser mit den genannten Partnern und eigenen Gruppen
mit Benny Goodman (1946), Charlie Parker, Lester Young (1947) und Lionel Hampton. Als
vielbeschäftigter Studiomusiker war Kessel in Los Angeles - abgesehen von wenigen
Ausnahmen - für Film, Funk, Fernsehen und Plattenindustrie tätig. Die wichtigste dieser
Unterbrechungen kam 1952/53, als Oscar Peterson den Gitarristen in sein Trio berief und
ihn auf weltweiten JATP-Tourneen präsentierte. Barney Kessel, der in den fünfziger
Jahren die Polls als erfolgreichster Gitarrist beherrschte, wurde zu unzähligen
Plattenaufnahmen verpflichtet, u. a. von Red Norvo, Roy Eldridge, Harry Edison, Billie
Holiday, Ben Webster, Stuff Smith, Woody Herman und Buddy DeFranco. Er nahm aber auch
Alben unter eigenem Namen auf, darunter "Easy Like", "Plays
Standards", "To Swing Or Not To Swing", "Let's Cook",
"Swingin' Party" und "Workin' Gut", sowie im Trio Poll Winners mit
Shelly Manne (dr) und Ray Brown (b) vier Platten von historischem Gewicht. Barney Kessel,
Autor des weitverbreiteten Unterrichtswerkes "The Guitar", gab Ende der
sechziger Jahre seine Studiotätigkeit auf, besuchte 1967 mit George Weins Guitar Workshop
Europa und wohnte danach zeitweise in London. Als Freelaneer brachte er nun Platten mit
Louis Jordan, Stephane Grappelli, Red Mitchell, seit Mitte der siebziger Jahre im Duo mit
Herb Ellis bzw. im Trio mit diesem und Charlie Byrd als The Great
Guitars (u. a. "AtThe Winery"), aber auch mit wechselnden eigenen Gruppen
heraus, so z.B. "Blue Soul" (1968), "Limehouse Blues", "Feeling
Free" (1969), "Summertime In Montreux", "Just Friends" (1973),
"Soaring" (1977), "Jelly Beans" (1981) oder das 1983 erschienene Album
"Barney Kessel Solo" (1981). Vor allem mit den Great Guitars, aber auch als
Gastsolist oder mit eigenen Trios bzw. in Duo-Konstellationen mit Ellis, Byrd oder Joe Pass (1980/81) ist Kessel in den siebziger und achtziger Jahren
auf internationalen Podien und Festivals wie Newport, Concord, Berlin etc. ständig
präsent gewesen. Er hat zudem seine didaktischen Schriften um Video-Produktionen
ergänzt, unterhält eine Fernschule und gibt in aller Welt Meisterkurse, häufig auch in
Europa.